Verhandeln


Von Ruth Meyer, aus dem Buch „Soft Skills fördern – Strukturiert Persönlichkeit entwickeln“, Kapitel 4.4

Verhandlungsgeschick braucht es nicht nur im Verkaufsgespräch, sondern in vielen alltäg­lichen Situationen. Bei einem Verhandlungsgespräch müssen unterschiedliche Absichten und Bedürfnisse unter einen Hut gebracht werden. Es kann sich dabei um ein Gespräch in einer persönlichen Beziehung handeln, um die Aufgabenverteilung im Beruf, um die Planung eines gemeinsames Projektes oder um einen Interessenabgleich zwischen zwei Gruppen. Kinder verhandeln mit ihren Eltern über Taschengeld, Freundinnen über die Wahl des rich­tigen Restaurants zum Essen. Ziel bei einer Verhandlung ist es, ein für alle zufriedenstellen­des Ergebnis zu erreichen. Zum Verhandeln braucht es eine seriöse Gesprächsvorbereitung, die wertschätzende Wahrnehmung der Anliegen der anderen Verhandlungspartner, das Vertreten der eigenen Anliegen, Überzeugungskunst sowie die Fähigkeit, das Gespräch mit einer Vereinbarung abzuschliessen. Verhandeln geht davon aus, dass die unterschiedlichen Anliegen auch tatsächlich verhandelbar und folglich auch einigermassen vereinbar sind. Bei grundsätzlich gegensätzlichen, nicht vereinbaren Zielen und Interessen sollten besser Strategien zur Konfliktlösung angewandt werden.

Gespräch vorbereiten

Die gute Gesprächsvorbereitung macht den halben Verhandlungserfolg aus. In der Vor­bereitung wird das eigene Anliegen für sich selbst geklärt und werden die eigenen Argumente formuliert. Ebenso wichtig ist es, die Anliegen der Verhandlungspartner zu bedenken und zu überlegen, wie die Beziehung in Gang gebracht und aufrechterhalten werden kann und wie der Selbstwert des Gegenübers in allen Gesprächsphasen gestärkt werden kann. Ziel eines guten Verhandlungsgesprächs ist es, ein Ergebnis herbeizuführen, das beide Parteien befriedigt und wonach sich beide als „Sieger“ fühlen können.

Die Anliegen des Gegenübers verstehen

Um zu einem guten Verhandlungsergebnis zu kommen, müssen beide Parteien ihre Anliegen, Argumente und Bedürfnisse einbringen können. Um wirklich konkrete Informa­tionen zu erhalten, ist es nützlich, das Gespräch mithilfe von Fragen zu führen. Vergessen Sie aber nicht, Ihren Gesprächspartner auch als Menschen mit Gefühlen und persönlichen Anliegen kennenzulernen. Denn grundsätzlich gilt, dass man mit einem Fremden nicht verhandeln kann.

Die eigenen Anliegen vertreten

Die Vermischung von Argumentieren, Überzeugen, Bitten und Fordern ist einer konstruk­tiven Verhandlungssituation nicht zuträglich. Die eigenen Interessen und Bedürfnisse werden am konstruktivsten möglichst deutlich in Form von Ich-­Botschaften ausgedrückt. Je nach Situation kann um die Befriedigung dieser Interessen gebeten werden (ein Nein des Gegenübers ist möglich), oder es kann eine Forderung gestellt werden (die Forderung setzt das Gegenüber unter Druck). Nach dem Konzept der gewaltfreien Kommunikation nach Marshall Rosenberg ist ein Bedürfnis so zu formulieren, dass es das persönliche Bedürfnis tatsächlich trifft und so allgemein ist, dass der Weg der Bedürfnisbefriedigung nicht bereits eingeengt und vorgegeben ist. Argumentieren und Überzeugen sind dann am richtigen Ort, wenn es um konkrete Bedingungen und Verfahrensweisen geht.

Einwänden begegnen

Je klarer die eigenen Anliegen durchgesetzt werden sollen (weil wir ein Bedürfnis befriedigt haben oder einen Entscheid in unsere Richtung herbeiführen oder ein bestimmtes Produkt verkaufen wollen), desto empfindlicher reagieren wir auf Einwände und Widerstand oder Reklamationen. Sich davon nicht aus der Ruhe bringen lassen, sondern sie nüchtern zu analysieren und sie zum Anlass zu nehmen, die Verträglichkeit oder die Stimmigkeit der eigenen Position nochmals zu überdenken, muss wohl lebenslang geübt werden.

Vereinbarungen treffen

Bevor Vereinbarungen getroffen werden, sollte nochmals überprüft werden, ob die Anlie­gen wirklich offen und vollständig ausgeführt werden konnten und ob alle einen Nutzen aus der Vereinbarung ziehen. Dazu müssen eventuell Ziele kombiniert werden oder zu einem kreativen Dritten hingeführt werden. Zum Schluss sollte die Vereinbarung präzise ausge­sprochen und festgehalten und anschließend mit einem mündlichen oder schriftlichen Kontrakt besiegelt werden. Und: Die beste Vereinbarung nützt nichts, wenn sie nicht ein­gehalten wird – deshalb sollte das Vorgehen für danach und die Art und Weise der Kon­taktpflege am Schluss eines Verhandlungsgesprächs abgesprochen werden.

Ruth Meyer, Soft Skills fördern, Kapitel 4.4

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