Hubert und Stuart Dreyfus entwickelten 1980 ein Kompetenzmodell mit fünf Stufen. Es wurde verschiedentlich weiterentwickelt. Der Anbahnung von Kompetenzen auf den unteren Stufen ist dabei besondere Aufmerksamkeit zu schenken.
Novizen
Wirkliche Anfängerinnen und Anfänger verfügen ausschließlich über theoretisches Wissen. Sie brauchen objektive Messgrössen wie Blutdruck, Gewicht oder Puls und so weiter, um den Zustand eines Patienten einzuschätzen oder Fettanteil, Zuckeranteil, Vitamingehalt usw., um den Nährwert eines Menüs einzuschätzen. Solche Merkmale kann man erkennen, auch wenn man keine Erfahrungen hat.
Beispiel nach Hansruedi Kaiser im Buch: Wirksames Wissen aufbauen
Anfängerinnen und Anfänger brauchen klar gelenkten Unterricht mit konkreten Regeln und Anleitungen. Diese müssen für einfache Beispiele gelten, Komplexität ist auf dieser theoretischen Ebene noch nicht möglich. Sobald es zu viele Ausnahmen gibt, sind Anfängerinnen und Anfänger von Theoriewissen überfordert.
Fortgeschrittene Anfänger und Anfängerinnen
Fortgeschrittene Anfänger und Anfängerinnen lernen über die Erfahrung, die sie in verschiedenen Situationen gemacht haben, in denen sie ihr theoretisches Wissen anwenden konnten. Sie wissen, dass jede Situation spezifisch ist (und jeder Mensch anders) und dass trotz gleichem theoretischem Wissen andere Vorgehensweisen zur Lösung erforderlich sein können. Während der eine Patient bereit ist, ein fiebersenkendes Medikament zu schlucken, braucht der andere vielleicht einen fiebersenkenden Wickel. Und während ein kohlehydratreiches Menü für einen Sportler vor dem Wettkampf möglicherweise stimmig ist, wäre für eine genesende Grippepatientin eher eine leichte vitaminreiche Kost angemessen.
Es gilt also, für fortgeschrittene Anfängerinnen und Anfänger möglichst viele Erfahrungsmöglichkeiten zu schaffen. Um das dabei neu gewonnene Erfahrungs- und Theorie-Wissen zu verfestigen, braucht es unbedingt Phasen der Reflexion, in denen über die gemachten Erkenntnisse nachgedacht und ausgetauscht wird und Schlussfolgerungen gezogen werden.
Kompetente Lernende
Kompetente Lernende setzen zusätzlich bewusste Planung ein. Da durch die häufige Übung das Handlungs- und das Erfahrungswissen sozusagen automatisiert wurde, haben solche Lernende den Kopf frei für eine fortlaufende Planung des Vorgehens. Dadurch wird effizientes und organisiertes Arbeiten möglich. Bei einem Koch ist diese Stufe erreicht, wenn er während der Fleischzubereitung nicht mehr mit den Vorgängen des Anbratens und Umrührens beschäftigt ist, sondern gleichzeitig das Anrichten der Nudeln und des Gemüses planen und einleiten kann.
Für den Unterricht bedeutet dies, dass den Lernenden mehr Verantwortung übergeben werden kann und mehr Selbstgesteuertes Lernen möglich wird.
Gewandte Könner
Erfahrene Lernende denken eine neue Situation nicht mehr systematisch durch, sondern erfassen sie in ihrer Komplexität spontan. Gehandelt wird nicht aufgrund von engen Regeln und Theoriewissen, sondern auf ein Ziel und eine Maxime ausgerichtet. Immer aber wird die Problemlösung noch der Überprüfung durch das theoretische Wissen unterworfen, Planung und Überprüfung geschehen bewusst und absichtlich. Die Kompetenz ist nun mit allen Ressourcen (Wissen, Fertigkeit und Haltung) gelernt.
Im Unterricht werden gewandte Könner mit komplexen Handlungen konfrontiert bzw. bringen ihre eigenen komplexen Handlungssituationen ein.
Expertinnen / Experten
Experten und Expertinnen arbeiten überwiegend situativ und automatisiert, ohne sich den theoretischen Zusammenhang, die Regeln und Erfahrungen immer wieder bewusst zu machen. Deshalb ist es für Experten und Expertinnen häufig sehr schwierig, ihre Vorgehensweisen zu erklären.
Expert/innen müssen sich fortlaufend bewusst machen, dass sie – wenn sie Anfänger/innen anleiten – die Komplexität reduzieren müssen und die Handlungssituationen in einfache Lernschritte und Regeln aufschlüsseln sollten. Vormachen – Nachmachen geschieht hier parallel zu kommentieren und reflektieren.
Kompetenzmessung
Grundsätzlich werden Kompetenzen durch Beobachtung von tatsächlichem Verhalten beurteilt. Dabei werden sowohl die Selbst- wie auch die Fremdeinschätzung beigezogen. Selbsteinschätzungen haben eine persönlichkeitsfördernde und motivierende Wirkung, da sich die Beschäftigung mit den eigenen Fähigkeiten motivierend auswirkt. Dass Selbsteinschätzungen stark subjektiv gefärbt sind und durch Fremdeinschätzungen relativiert werden sollten, wird durch verschiedene Studien belegt, deshalb braucht es auch die Fremdeinschätzung. Auch die Kombination von Selbst- und Fremdeinschätzung bleibt subjektiv. Es wird deshalb davor gewarnt, mit grösster Genauigkeit messen zu wollen, was quantitativ nicht genau erfasst werden kann. Kompetenzmessung im beruflichen Kontext könnte heissen, „qualitativ-deskriptiv und qualitativ-performanzorientiert“ zu verfahren und mit Kompetenzrastern zu arbeiten.
Verwandte Beiträge und weiterführende Links
Lesen Sie den Blog von Ruth Meyer auf wb-web.de: Kompetenzorientierung – Revolutionär oder altmodisch?
Selbstgesteuertes Lernen fördern
C. Kunzmann zum Kompetenzbegriff
Externe Website Kompetenzstufen nach Benner in der Pflege (Pflegewiki)
Meyer: Lebenskompetenzen erweitern
Schubiger: Lehren und Lernen
Lernen mit Kompetenzrastern
Kompetenzorientiert unterrichten
Didaktik Soft Skills
Das didaktische Modell
Lernziele auf einen Blick
Kompetenzen auf einen Blick