Lehrgespräch


Was ist ein Lehrgespräch?

Wozu Lehrgespräch?

Im Lehrgespräch kann ein Thema gemeinsam entwickelt werden – aus dem Referat wird ein Dialog. Die Kommunikation läuft vom Referenten zu einzelnen Studierenden und zurück, mehrheitlich in Frageform. Die Studierenden verhalten sich aktiv mitdenkend.

Im Lehrgespräch wird die Information also in Zweiwegkommunikation vermittelt. Die Lehrperson gibt den Stoff in kurzen Lernimpulsen (Mini-Referaten) ab, lässt jederzeit Fragen der Studierenden zu und beantwortet diese. Zudem unterbricht sie ihre Wissensdarbietung selbst, indem sie durch eigene Fragen die Studierenden dem Ziel entgegenlenkt und damit aktiviert.

Infrastruktur

Die Anzahl der Zuhörenden beim Lehrgespräch kann beliebig gross sein, es werden ohnehin nie alle gefragt und gehört. Wichtig ist, dass alle Anwesenden die Fragenden und Antwortenden verstehen – dies beschränkt die Raumgrösse und Teilnehmerzahl auf max. 30 Personen. Am besten sitzen die Studierenden im Kreis.

Auch das Lehrgespräch soll visuell unterstützt werden. Dafür eignen sich alle Arten von beschreibbaren Materialien (Tafeln, Flipcharts, insbesondere der Visualizer

Lerneffekt

Der grosse Vorteil des Lehrgesprächs liegt sicher im Lerneffekt: Gegenüber dem Referat, von dem man bloss etwa 10 bis 20 Prozent der Informationen aufnimmt, werden beim Lehrgespräch bis zu 50 Prozent der Informationen aufgenommen. Diese Steigerung gegenüber dem Referat erklärt sich dadurch, dass die Studierenden durch ihre Fragen und Antworten den Lernprozess mitsteuern und das Tempo langsamer wird. Für das Lehrgespräch eignen sich Themen, bei denen die Studierenden Vorkenntnisse und Erfahrungen mitbringen oder wenn Interessen und Meinungen gefragt sind.

Aufgaben der Lehrperson

  • Lernimpulse geben (Informationen vermitteln)
  • Fragen stellen oder die Studierenden zu Aussagen auffordern
  • Auf die Teilnehmeraktivitäten (Fragen, Antworten, Aussagen, Nonverbales) eingehen

Regeln für Lehrgespräche

  • Achten Sie darauf, dass alle zu Wort kommen, die das möchten.
  • Kommen Sie nicht vom Thema ab. Es bedarf einer klaren Zielsetzung, einer sehr guten Vorbereitung des roten Lektionsfadens, einer guten Kommunikationsfähigkeit und einer erhöhten Konzentration, damit dies nicht passiert.
  • Setzen Sie das fragend-entwickelnde Lehrgespräch nur dann ein, wenn die Studierenden bereits so viel wissen, dass es ihnen möglich ist, mitzumachen. Gewisse Erfahrungen aus der Praxis mit dem Thema oder Wissen aus vorherigen Ausbildungen müssen sie mitbringen, um mitarbeiten zu können. Allerdings profitieren beim Lehrgespräch die Unerfahrenen auch oder besonders von den Erfahrungen ihrer Kolleg/innen.
  • Überlegen Sie sich bei der Vorbereitung des Lehrgesprächs, wie viel Zeit Sie bereit sind, in Fragen zu investieren. Fragend-entwickelnde Lehrgespräche sind sehr zeitaufwendig.
  • Denken Sie daran, dass sich der Verlauf einer Lektion mit Lehrgesprächen nicht hundertprozentig vorausplanen lässt. An Ihre Flexibilität und Improvisationsfähigkeit werden hier also hohe Ansprüche gestellt.

Fragen im Lehrgespräch

Stellen Sie offene Fragen

Offene Fragen sind Fragen, bei denen mehrere Antworten möglich und richtig sind, z.B.: „Was wissen Sie über die Motivationstheorie von Maslow?“ Offene Fragen machen den Unterricht interessant.

Vermeiden Sie geschlossene Fragen

Bei geschlossenen Fragen ist nur eine Antwort möglich und richtig, im Extremfall nur „ja“ oder „nein“, z.B.: „Wie heisst der Antrieb, der nötig ist, damit Menschen bereit sind zu lernen?“ (Antwort: Motivation). Geschlossene Fragen können zwar nie ganz vermieden werden, sie haben jedoch Prüfungscharakter. Die Studierenden rufen dabei zudem vorhandenes Wissen ab, ohne dass sie es in einen Zusammenhang stellen. Und wenn die Teilnehmenden fürchten, das passende Wort nicht liefern zu können, entscheiden sie sich dafür, lieber zu schweigen, und verhalten sich passiv.

Stellen Sie Fragen in Richtung Lernziel

Die Fragen sollen die Studierenden in Richtung Lernziel führen. Davon abweichende Fragen oder Antworten der Studierenden können selbstverständlich aufgenommen werden, wenn sie den Unterricht bereichern. Solche Umwege sollten jedoch bewusst geschehen und auch den Studierenden als solche kenntlich gemacht werden. Am Ende eines derartigen Exkurses liegt es an der Lehrperson, wieder auf den „roten Faden“ zurückzukommen.

Stellen Sie Fragen, die beantwortbar sind

Fragen dienen dazu, die Studierenden im Lernprozess zu aktivieren, und nicht dazu, sie blosszustellen. Studierende sollten deshalb über die Voraussetzungen verfügen, die gestellten Fragen beantworten zu können.

Haken Sie nach

Manchmal geben Studierende auf eine Frage eine Antwort, die zwar richtig und für die Lehrperson klar, jedoch für die andern Studierenden nicht verständlich ist. In der Antwort werden z.B. Resultate einer Überlegung bekannt gegeben und dabei Zwischengedanken übersprungen. Fragen Sie nach: „Wie sind Sie darauf gekommen?“ oder „Können Sie den anderen Studierenden ein Beispiel nennen?“ oder „Können Sie das für die andern noch präzisieren?“ So erhöhen Sie die Transparenz, werten den Studierenden auf und geben den anderen die Möglichkeit, den Denkprozess nachzuvollziehen.

Wenn Sie Fragen stellen

Stellen Sie nur eine Frage aufs Mal und warten Sie mindestens drei Sekunden auf die Antwort.

Wenn Ihnen von Studierenden Fragen gestellt werden

  • Halten Sie Blickkontakt, lassen Sie Fragende ausreden.
  • Wiederholen Sie eine unklare Frage vor der Beantwortung („Wenn ich Sie richtig verstanden habe…“), verdeutlichen Sie evtl. mit einem Beispiel.
  • Geben Sie Fragen in die Klasse zurück, Sie müssen nicht alles selber beantworten.
  • Führt die Frage vom Thema weg, schreiben Sie die Frage sichtbar auf und teilen Sie mit, dass Sie später darauf zurückkommen werden (was Sie dann natürlich auch tun sollten).
  • Wenn Sie Fragen nicht beantworten können, geben Sie es zu und schreiben Sie es auf! („Da bin ich gerade überfragt…“) Es wirkt menschlich und positiv glaubwürdig, wenn man nicht alles weiss und es auch zugibt.

Reagieren Sie wertschätzend!

Wertschätzung zeigt sich darin, dass die Äusserungen von Studierenden bejaht werden, dass nachgehakt und um Konkretisierung gebeten wird; Sie können die Äusserungen auch kommentarlos annehmen und notieren, später aufgreifen, weiterführen und strukturieren.

Wenn mit den Beiträgen der Studierenden weitergearbeitet wird (sie werden zusammengefasst oder zu anderen Äusserungen in Beziehung gebracht, durch die Lehrperson spontan weiterentwickelt oder als Impuls zur Stellungnahme an die Gruppe zurückgegeben), sind die Studierenden gerne bereit, Beiträge zu leisten.

Was sie im Lehrgespräch nicht tun sollten:

  • Verhörrichter spielen
  • Verbale Lückentexte vortragen
  • Beiträge von Studierenden abschätzig kommentieren
  • Immer mit der gleichen Floskel reagieren
  • Fragen, wenn Sie an den Antworten nicht wirklich interessiert sind
  • Sich auf ein Duell einlassen

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Lesen Sie auch das Kapitel 7 im Buch Lehren kompakt I, insbesondere zum Lehrgespräch ab S. 106 ff.

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