Emotionaler Lernzielbereich


Lernziele für die emotionalen Lehr- und Lernaspekte

Für den emotionalen Lernziel-Bereich bietet sich eine Taxonomie der Emotionen und ihrer Steuerung (emotionale Intelligenz) an. Diese befasst sich mit dem Zulassen von Emotionen über die Impulskontrolle bis zur Abstimmung der eigenen mit fremden Emotionen. (nach Goleman 1996, ergänzt durch Ruth Meyer).

Stufe 1: Emotionen zulassen

Emotionen werden als etwas Natürliches zugelassen, es darf emotional reagiert werden.

Beispiele: Die eigene Befindlichkeit wird spontan gezeigt und ausgedrückt; Emotionen werden zugelassen. Es ist einer Person also möglich, spontan, verletzlich, stolz, traurig, frustriert, fröhlich, begeistert, wütend, neidisch, zufrieden,vorsichtig zu sein oder sich zu ärgern oder Angst zu haben – und diese Gefühle werden spontan nach aussen gezeigt.

Stufe 2: Emotionen unterscheiden

Verschiedene emotionale Erlebnisinhalte werden als unterschiedlich erlebt. Zwischen Emotionen wird differenziert.

Beispiele: Eine Person kann bei sich selber unterscheiden, welche Gefühlsqualität gerade da ist. Sie kennt Worte für Gefühle und verwenden sie, um differenziert zu beschreiben, was in ihr vorgeht. „Ich bin grad wütend und traurig zugleich. Meine Wut lässt mich laut werden und die Traurigkeit tritt in den Hintergrund.“

Stufe 3: Emotionen steuern

Emotionen werden kontrolliert und gesteuert. Die Reaktion erfolgt angemessen, nicht übermässig aber auch nicht verdrängend.

„Zwischen Fühlen und Handeln liegt ein Raum

(Berthold Ulsamer)

Beispiele: Wer seine Emotionen steuern kann, beherrscht seine Impulse (die Wut muss also nicht mit einem Angriff auf den andern ausgedrückt, sondern kann bei sich selbst ausgehalten werden). Die Frustrationstoleranz ermöglicht es, die Bedürfnisbefriedigung hinauszuschieben (ich hab zwar Lust auf Schokolade, muss sie aber nicht sofort aufessen) oder ein Misserfolgserlebnis zu auszuhalten (du willst nicht mit mir ins Kino gehen heute abend, obwohl ich so gerne möchte? Nun denn, ich halte das aus ohne dich dafür zu beschimpfen). Wer es beherrscht, seinen Ärger mit einem innerlichen „Stopp!“ abzustellen, erspart sich grösseren Ärger und kann viele zwischenmenschliche Reibungssituationen mit Humor entspannen. Zur Steuerung der eigenen Emotionen gehört auch, Übertreibung und Untertreibung des Gefühlsausdrucks zu vermeiden („das ist das allerschönste Kind, das ich je gesehen habe“, „we are not amused“).

Stufe 4: Emotionen anderer berücksichtigen

Wer sich in andere hineinversetzen kann, wer auf die Emotionen anderer eingehen kann, besitzt Empathie. Die ganz grosse Gefahr und Schwierigkeit besteht darin, dass dieses sich Hineinfühlen mit Projektionen verwechselt wird: Wenn ich selbst in einer Situation sehr wütend werde, gehe ich automatisch davon aus, dass eine andere Person in ebendieser Situation jetzt sehr wütend sein muss und beruhige sie. Wenn ich nicht gerne Sport treibe, gehe ich davon aus, dass andere Menschen den Sport ebenfalls wider Willen betreiben.

Urteile nie über einen anderen, bevor Du nicht einen Mond lang in seinen Mokassins gegangen bist

(indianische Redensart)

Beispiele: Wer Empathie besitzt, platzt mit seinen/ihren Emotionen nicht heraus, sondern überlegt sich, wann und wie das Gegenüber dafür bereit ist. Wer empathisch ist, reagiert auf eine trauernde Person so, wie die trauernde Person das braucht/wünscht. Wer empathisch ist, kann aus der Handlung einer anderen Person ablesen, was in ihr vorgeht. Wer empathisch ist, hört auf das, was „zwischen den Zeilen“ gesagt oder geschrieben wird.

Stufe 5: Emotionen wechselseitig pflegen

Wer die emotionale Befindlichkeit anderer in das eigene Handeln einbeziehen kann, ist in der Lage, Beziehungen auf Augenhöhe zu pflegen. Das Gegenüber wird mit all seinen Facetten respektiert und mit Wohlwollen und Vorurteilslosigkeit behandelt. Es ist offensichtlich, dass diese 5. Stufe sehr anspruchsvoll ist – in der Erziehung, Lehre, Führung und Beratung aber nichts desto trotz angestrebt und geübt werden sollte.

Beispiele: Ich kann mich auf die Begeisterung meines Gegenübers für ein für mich langweiliges Thema einlassen. Ich kann unangemessene Forderungen zurückweisen, ohne das Gegenüber zu verletzen. Ich kann das Gegenüber in seiner Verletzung, in seinem Schmerz trösten. Ich kann einer trauernden Person Mitgefühl zeigen. Ich kann mich abgrenzen gegenüber Vereinnahmungen und Projektionen anderer, ohne selbst zu vereinnahmen und zu projizieren.

 

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