Lernungewohnte Erwachsene unterrichten


Lernungewohnte Teilnehmende?

Lernungewohnte Teilnehmende finden wir oft in Kursen, die von einer zuweisenden Stelle organisiert werden. Ob innerbetriebliche Qualifikationsprogramme, von Gemeinden angeregte Umweltschulungen, Schulungsmassnahmen für Erwerbslose oder Integrationsprogramme – oft finden sich unter den Teilnehmenden Personen, die seit langer Zeit keine Schule mehr besucht haben oder nur minimale Schulbildung mitbringen. Sie haben meistens Mühe, sich in moderneren Formen von Unterricht zurechtzufinden, weil sie verfestigte andere Lernvorstellungen haben. Es gibt auch immer wieder Menschen, die mit ihrer persönlichen Situation, ihrer Kränkung oder ihren Problemen so stark beschäftigt sind, dass sie nicht lernbereit sind. Diese Teilnehmenden schätzen eine besonders einfühlsame Unterstützung und Wertschätzung zur Stärkung ihres Selbstvertrauens.

Unangemessene Lernvorstellungen und wie man damit umgehen könnte

Lernungewohnte glauben häufig, Lernen könne nur stattfinden, wenn Stille und enge Disziplin im Schulzimmer herrscht.

Klare Regeln: Geben Sie die geltenden Regeln bekannt und hängen Sie sie im Unterrichtszimmer auf. Erklären Sie die Regeln, so dass alle sie verstehen. Zu klaren Regeln gehören auch klare Sanktionen bei Regelverstössen. Hilfreichere Sanktionen als Ausschluss und Geldbusse sind: Persönliches Gespräch mit einer Vereinbarung von Massnahmen, Meldung an einweisende Instanz, Mithilfe bei der Kursdurchführung (einen positiven Beitrag leisten wie: Bilder aufhängen, etwas kopieren…), Aufgabe mit zusätzlichem Lerngewinn geben (Zusatzübung), Auftrag zur schriftlichen Reflexion des Vorgefallenen (unbedingt ein paar Fragen vorgeben: Wie genau habe ich gegen die Regel verstossen, weshalb habe ich das getan, was mache ich in Zukunft?).

Kontrakt: Vereinbaren Sie, wie das Kursklima zu gestalten ist. Schliessen Sie mit der Gruppe einen Lernkontrakt (Wie verhalten wir uns hier? Welche Umgangsformen sollen gelten? Wer achtet darauf, dass die Vereinbarungen eingehalten werden?).

Lernungewohnte glauben häufig, dass ihnen die Lehrperson fortwährend sagen muss, was sie zu tun haben und wie sie es tun sollen.

  • Fördern und fordern Sie Selbstständigkeit behutsam: Bauen Sie von kurzen zu längeren Aufgaben auf, wechseln Sie in kleinen Schritten von lehrerzentrierterem Unterricht zu teilnehmerzentrierterem Unterricht.
  • Unterstützen Sie eigene Entscheidungen. Zeigen Sie bei sich bietenden Gelegenheiten auf, dass die letzte Entscheidung bei den Studierenden selbst liegt.
  • Lernungewohnte glauben häufig, dass die Lehrperson schuld ist, wenn sie keine Fortschritte machen.
  • Bleiben Sie geduldig und gelassen. Es handelt sich nicht um Vorwürfe an Ihre Person, sondern um einen Lernwiderstand, der für den Lernenden nicht so einfach zu überwinden ist.
  • Zeigen Sie auf, dass Lernen bei den Lernenden selbst passieren muss – auch lernungewohnte Personen wissen sehr genau, dass sie die wichtigen Dinge in ihrem Leben selbst gelernt haben.
  • Unterstützen Sie die Selbsteinschätzung durch Fremdeinschätzung. Erklären Sie, wie Sie zu ihrer Einschätzung kommen, welche Kriterien für Sie wichtig sind bei der Beurteilung.

Lernungewohnte glauben häufig, die Lehrperson könne ihnen abschliessend sagen, was richtig und was falsch ist.

  • Stützen und betonen Sie, dass jede Person anders empfindet und urteilt. Bleiben Sie wertschätzend gegenüber anderen Meinungen – Sie sind hier Vorbild.
  • Formulieren Sie die richtige Lösung mit den Lernenden gemeinsam, insbesondere wenn es um Verhaltensweisen geht. Selber solche Verhaltensweisen objektiv zu beschreiben, fällt Lerngewohnten oft noch sehr schwer.
  • Lernungewohnte glauben häufig, dass Auswendiglernen das Ziel ist. Wenn sie die Lehrperson zufriedengestellt haben, weil sie das Richtige gesagt haben, glauben sie, dass sie mit dem Lernen fertig sind.
  • Stellen Sie Umsetzungsaufgaben, die den Transfer in den Alltag unterstützen und einleiten. Diskutieren Sie die Hürden, die die Umsetzung mit sich bringt, und überlegen Sie gemeinsam, wie sie überwunden werden können.

Lernungewohnte glauben häufig, dass sie ausschliesslich von der Lehrperson lernen können und die Kollegen und Kolleginnen im Schulzimmer nichts beizutragen hätten.

  • Auch wenn Sie induktiv vorgehen, stellen Sie besser einen kleinen Input voran, der den Lernenden aufzeigt, woran sie sich orientieren können. Dies gibt ihnen Sicherheit, um sich auf das Unbekannte einlassen zu können. Anschauliche, gut verständliche und die Zielgruppe ansprechende advance organizer sind dafür ein hervorragendes Mittel.
  • Geben Sie Arbeitsaufträge an Kleingruppen mit klaren Aufgabenstellungen und nutzbringenden Ergebnissen.
  • Greifen Sie Beiträge von Studierenden wertschätzend auf und entwickeln Sie sie weiter.
  • Verurteilen Sie keine Teilnehmerbeiträge, stellen Sie niemanden bloss, sondern bewerten Sie Teilnehmerbeiträge positiv und zeigen Sie den Gewinn auf, den alle davon haben, wenn jemand sich exponiert.

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